Weideprojekt „Ringgauer Ziegenfeuerwehr“ - Ziegenbeweidung der Kalkmagerrasen auf dem Ringgau-Plateau
Region/Lage | Werra Meißner Kreis, Hoher Ringgau, Gemeinden Ringgau und Herleshausen |
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Geo-Koordinaten | 10° 3' 31'' O , 51° 3' 50'' N |
Lebensraumtyp | Kalkmagerrasen |
Flächengröße | 20 – 25 ha (variiert je nach Auftragslage) |
Tierrassen (Anzahl) | Gebrauchskreuzung aus den Ziegenrassen (70 Mutterziegen mit Nachzucht): - Bunte Deutsche Edelziege (Ursprungsbestand, Milchleistung) - Burenziege (Fleischleistung) - Toggenburger Ziege (Milchleistung) - Nera Verzasca (Widerstandsfähigkeit und Robustheit) |
Beweidungstyp | saisonal |
Finanzierung | Naturschutzprogramme und Lämmerverkauf |
Schutzgebiete | Zahlreiche NSGs im Südosten des Werra-Meißner-Kreises; Natura 2000 - FFH-Gebiete desselben Raumes sowie das Vogelschutzgebiet „Rendaer Höhe“ |
Projektwebsite | - |
Fachbereich 8 - Landwirtschaft, Landschaftspflege, Natur- und Landschaftsschutz
Honer Straße 49
37269 Eschwege
Tel.: 05651/302-4822 bzw. 302-4821
E-Mail: juergen.bringmann (at) werra-meissner-kreis . de
E-Mail: torsten.rapp (at) werra-meissner-kreis . de
Beweider:
Revierförster Ekkehard RogéeLandstraße 12
37296 Ringgau-Netra
Tel.: 05659/454
Mobil: 0160-7013040
E-Mail: ekkehardrogee (at) xinit . org
Projektbeschreibung
Hoher Ringgau, ein Muschelkalkplateau im Südosten des Werra-Meißner-Kreises; hier liegen die Gemeinden Ringgau und Herleshausen (nördliche Ortsteile). Zentral auf dem Ringgau liegt der „Rendaer Graben“, wo eine der Hauptflächen des Projektes liegt.
Viele der artenreichen Kalkmagerrasen im Südkreis waren ungenutzt; hier wollte die HGON (Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz) bereits Ende der 80er Jahre gerne einen Schäfer finden, der diese Dienstleistung der Kalkmagerrasen-Pflege durch Beweidung übernehmen kann. Dieser fand sich nur für einige größere Flächen im Raum Sontra.
In dieser Phase (1995) fing Herr Rogée am Anfang mit fünf Ziegen auf 1- 2 ha Kalkmagerrasen an. In der Folgezeit, insb. durch verstärkte Nachfrage des Naturschutzes nach einer geregelten Pflege vieler Kalkmagerrasen, stockte Herr Rogée seine Ziegenherde immer weiter auf. Heute sind es 70 Mutterziegen, die insg. 20 – 25 ha Kalkmagerrasen, überwiegend in Naturschutzgebieten, fachgerecht beweiden.
Tendenz leicht zunehmend, aber arbeitswirtschaftlich bereits gut ausgelastet (Übergangsphase von Hobbyhaltung zum Nebenerwerb).
Naturschutzfachliche Ziele / Erfolgskontrolle
Erhalt und Entwicklung der sehr zerstreut liegenden artenreichen (orchideenreichen) Kalkmagerrasen durch traditionelle Ziegenbeweidung; diese besitzt folgende Vorteile gegenüber der klassischen Schafbeweidung:
- Verbiss und Schälen der Gehölze (auch des Schwarzdornes) - bis zu 50 % der tgl. Futteraufnahme sind Gehölze (bei Schafen sind dies lediglich 10 – 15 %); hierdurch reduziert sich der zusätzliche mechanische Entbuschungsaufwand;
- Es können auch sehr steile Hänge mit gutem Weideergebnis beweidet werden;
- Im Prinzip kann neben Fleisch auch hochwertige Milch bzw. deren Produkte vermarktet werden (auch wenn dies in diesem Fall nicht praktiziert wird).
Ohne Beweidung können die sehr artenreichen Kalkmagerrasen in der Regel nicht erhalten werden; neben dem entstehenden Grasfilz nimmt die Verbuschung dieser Flächen sehr schnell zu. Am Ende kommen die Kiefer u. a. Waldbäume auf und verwandeln die Kalkmagerrasen in artenärmere Waldbestände. Diesem Vorgang, Sukzession genannt, ist ein Großteil der ehemaligen Kalkmagerrasen in Nordhessen (auch hier im Kreis) anheim gefallen und somit heute vielerorts verschwunden.
Ein rein mechanisches Freihalten dieser Flächen scheidet aus Kostengründen für den Naturschutz i. d. R. aus; zumal der Artenreichtum dieser Standorte durch Beweidung im Vergleich zur Mahd oder Mulchmahd grundsätzlich höher ist.
Beweidungsmodus
Die Kalkmagerrasen werden in der Regel lediglich einmal im Jahr beweidet; dies findet aufwuchsabhängig ab Anfang Mai statt. Die Aufstallung der Ziegen erfolgt im Regelfall Mitte November.
Um naturschutzfachlich die optimale Wirkung zu erzielen, ist das Beweidungskonzept so angelegt, dass die Beweidungstermine je Fläche und NSG variiert werden. Das heißt, die Ziegen kommen in Absprache mit der Naturschutzbehörde zu jährlich wechselnden Zeiten auf die einzelnen Flächen.
Die Magerrasen werden jeweils in max. 1 ha große Areale mit Elektrozäunen unterteilt und ca. 1 Woche beweidet. Dieses Beweidungssystem entspricht einer Umtriebsweide mit wöchentlichem Umtrieb (bzw. Kombination aus Umtriebsweide und Portionsweide).
Hintergrundinformation zur Ziegenrasse „Nera Verzasca“
Diese Rasse stammt aus dem Verzasca-Tal im Tessin (Südschweiz); Vorteile der Rasse sind Widerstandsfähigkeit, Robustheit, Genügsamkeit und Bergtüchtigkeit. Diese Rasse ist sowohl an hohe wie an tiefe Temperaturen und feuchte Witterung extrem gut angepasst. Dies ist für den Einsatz auf dem „Hohen Ringgau“ mit seinem relativ rauen Klima sehr vorteilhaft.
Ein Nera Verzasca-Bock von der Schwäbischen Alb (Baden-Württemberg) wird seit einem Jahr mit gutem Deckerfolg eingesetzt.
Öffentlichkeitsarbeit / Umweltbildung
Öffentlichkeitsarbeit wird ausschließlich durch die Naturschutz- bzw. Forstbehörden geleistet. Diese sind grundsätzlich innerhalb der NSG hierfür zuständig.
Die Ziegenlämmer werden ausschließlich über Mund-zu-Mund-Propaganda beworben.
Regionale Vermarktung
Die Ziegenlämmer werden regional vermarktet; der Anteil des Eigenverbrauches ist hoch. Es werden zur Remonte ausschließlich eigene Mutterlämmer eingesetzt, das heißt, bisher wurden überwiegend Bocklämmer vermarktet.
Historie / Historische Nutzung
Die Ziegenhaltung ist gerade im Südkreis eine historische Nutzungsform, die früher weit verbreitet war; die Ziege ist die Kuh des armen Mannes und war daher besonders in den Bergbauregionen um Sontra als Wirtschaftsform des Nebenverdienstes nicht unüblich. Gerade auf den Kalkmagerasen war die Ziegenbeweidung früher sehr häufig anzutreffen.
Monitoring
Die Naturschutzgebiete werden regelmäßig durch die Forstämter im Auftrag der Oberen Naturschutzbehörde in Kassel naturschutzfachlich überwacht. Dies geschieht in besonderen Artenschutzfragen auch gezielt durch beauftragte Fachbüros.
Wirtschaftlichkeit
Da die Kalkmagerasen im Ringgau sehr zertreut liegen und oft auch nicht sehr groß sind (tlw. unter 1 ha), ist der Aufwand für diese Pflege beträchtlich. Wanderungen bis 12 km zur nächsten Fläche sind möglich. Die Tiere müssen täglich mit Wasser versorgt werden; die Zäunung der Steilhänge ist sehr aufwändig und im Sommer auch schweißtreibend. Da die Flächen oft in Waldnähe liegen, werden die Zäune häufig durch Wildschweine zerstört.
Der finanzielle Anreiz über die verschiedenen Naturschutz-Programme in den NSG´s deckt gerade mal einen Teil der Tierhalterkosten, die ja vor allem die winterliche Stall-haltung beinhalten. Der Aufbau eines wertvollen Tierbestandes muss hier allerdings auf der Habenseite verbucht werden (Landschaftpflege-Ziegenherde), der über den Lämmerverkauf auch zur Finanzierung beiträgt.